Viele Schweizer Unternehmen, wie die Girsberger AG, verankern Tradition tief in ihrer Kultur und kombinieren diese mit Innovation, um global wettbewerbsfähig zu bleiben. Die handwerkliche Fertigkeit, ein Kernmerkmal ihrer Produkte, prägt ihre Identität über Generationen hinweg. Girsberger, seit 1889 in Familienhand, stellt hochwertige Möbel her und bleibt durch ständige Erneuerung führend in der Möbelindustrie. Davide Mastrodomenico, der das Unternehmen seit 2023 leitet, betont im Interview die Bedeutung von Innovation und Nachhaltigkeit.
Nachhaltigkeit ist ein Kernprinzip der Girsberger AG, reflektiert durch die Nutzung langlebiger, hochwertiger Materialien und erstklassiger Handwerkskunst. Dadurch produziert das Unternehmen Möbel, die Generationen überdauern, Ressourcenverbrauch reduzieren und Abfall minimieren. Girsberger produziert seit 2015 klimaneutral und betont damit das Zusammenspiel von ökologischem Bewusstsein und wirtschaftlichem Erfolg. 2006 gründete das Unternehmen einen Geschäftsbereich für Remanufacturing, der sich auf die Aufarbeitung und Wiederverwendung hochwertiger Möbel konzentriert, um so die Kreislaufwirtschaft zu fördern und die Umweltbelastung zu senken. «Wir gehen an den Markt und schauen nach wertigen Möbeln, die man wieder brauchen kann. Dieser Fokus war nicht nur eine Frage der Wirtschaftlichkeit, sondern ein Beweis dafür, dass wahre Transformation oft aus der tiefen Verwurzelung in der Tradition erwächst», erklärt Davide Mastrodomenico, der den Bereich aufgebaut und weiterentwickelt hat.
Davide Mastrodomenico«Wahre Transformation wächst oft aus der tiefen Verwurzelung in der Tradition.»
Inmitten globaler Herausforderungen, von Klimakrise bis Digitalisierung, sieht Girsberger optimistisch in die Zukunft. «Die Möbelindustrie ist nicht in Rosen gebettet», gibt der CEO zu bedenken, «aber durch ständige Innovation und das Commitment zu Qualität und Nachhaltigkeit sehen wir optimistisch in die Zukunft.» Girsberger setzt auch auf moderne Technologien wie Künstliche Intelligenz (KI), um Herausforderungen wie das Recycling und die Wiederverwendung von Möbeln zu adressieren. KI könnte den Designprozess beschleunigen und helfen, ungenutzte Möbel effektiv zu recyceln, indem sie basierend auf Materialeigenschaften neue Nutzungsvorschläge generiert. «Es gibt kein Lehrbuch zur Verwendung von KI in der Möbelindustrie. Entweder wartet man und in einigen Jahren gibt es vielleicht eine Empfehlung, oder wir verpflichten uns jetzt schon und nehmen eine Pionierrolle ein.» Diese Haltung des CEO unterstreicht das Engagement von Girsberger, nicht nur in der Entwicklung neuer Produkte, sondern auch in der nachhaltigen Nutzung und Weiterverwendung bestehender Ressourcen zu investieren.
Herr Mastrodomenico, wenn Sie in jüngeren Jahren einen anderen Weg eingeschlagen hätten, was wäre aus Ihnen geworden?
«Schon in jungen Jahren entwickelte ich ein starkes Interesse an Design, Architektur, Funktionen und Autos. Bereits als Kind faszinierten mich das Design von Möbeln und Autos besonders. Meine ersten beruflichen Neigungen zielten auf Autodesign ab. Ein Studium oder Praktikum in Turin bei einem italienischen Autohaus war eine meiner ersten konkreten Überlegungen. Dank der Möglichkeit, auch andere Berufe zu erkunden, und einer plötzlichen Faszination für die Elektrotechnik, orientierte ich mich beruflich neu. Rückblickend könnte ich mir vorstellen, dass es mich in zwei andere Berufsrichtungen hätte ziehen können: in die Autobranche, wahrscheinlich im Ausland, oder in die Versicherungs- und Finanzbranche. Letztendlich ist es gekommen, wie es kommen musste. Ich habe das grosse Glück, jeden Tag in einem Berufsumfeld zu arbeiten, das mir viel Freude und Befriedigung bringt. Wenn ich heute noch einmal wählen könnte, würde ich genau denselben Weg erneut einschlagen.»
Wie beginnen Sie Ihren Tag am liebsten?
«Ich lasse mich morgens gerne von Musik im Hintergrund wecken. Zudem schätze ich es sehr, mit der Familie und einer Tasse Kaffee am Morgentisch zu sitzen, bevor wir alle in den Alltag starten. Den Arbeitsweg nutze ich als gemütlichen Einstieg in den Tag. Diese Zeitspanne ist oft sehr fruchtbar und noch nicht so hektisch, was mir die Möglichkeit gibt, sie für mich allein zu nutzen, um in Ruhe neue Ideen und Visionen zu entwickeln.»
Was bedeutet für Sie persönlich Erfolg?
«Erfolg ist mir wichtig, weil er mir und meinem Umfeld Glücksmomente verschafft. Ich setze mir immer für unterschiedliche Situationen konkrete Ziele, die ich erreichen möchte. Mein Verständnis von Erfolg hat sich jedoch im Laufe der Zeit weiterentwickelt und verändert. Während in jungen Jahren mein persönlicher Erfolg im Vordergrund stand, sehe ich heute meinen Erfolg auch darin, andere Personen zu unterstützen und sie durch mein Handeln und meine Ratschläge zum Erfolg zu führen. Es erfüllt mich sehr, wenn ich sehe, wie sich meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weiterentwickeln und Erfolge erleben können.»
Wofür würden Sie eine Woche gratis arbeiten?
«Der Austausch und die Zusammenarbeit mit jungen Leuten und Talenten begeistert mich. Bei Girsberger führen wir durchschnittlich zehn Lehrlinge in den Bereichen Kaufmännisches und Schreinerhandwerk, wobei wir in jedem Lehrjahr mindestens einen Lehrling pro Gebiet ausbilden. Ich möchte dabei stets vermitteln, dass unabhängig vom Startpunkt in Leben und Ausbildung keine Grenzen nach oben existieren. Mit der richtigen Motivation und Überzeugung kann jeder seine Ziele erreichen.
Regelmässig holen wir Studierende aus Fachhochschulen zu uns nach Bützberg, um ihnen durch Workshops und praktische Erfahrungen Einblicke in die Industrie zu geben. Diese Zeiten der Zusammenarbeit und des persönlichen Engagements nehme ich sehr gerne wahr, verzichte dabei bewusst auf Honorare und Entschädigungen und lasse diese in die Kasse des jeweiligen Projekts fliessen. Im Gegenzug gewinne ich viele wertvolle Erfahrungen und Inputs. Daher würde ich mir wünschen, einmal eine ganze Woche in diesem Kontext mit jungen Menschen arbeiten zu können.»
Was war der beste berufliche Rat, den Sie jemals bekommen haben?
«In meinen jungen Jahren war ich bei meinen Tätigkeiten oft ein Einzelkämpfer und nahm grosse Herausforderungen gerne allein an. Als ich mich einst für einen grossen Wettbewerb und eine Präsentation vorbereitete, fragte mich mein damaliger Vorgesetzter, ob er mich bei diesem wichtigen Termin begleiten und unterstützen dürfe. Anfangs verstand ich seine Absicht nicht und lehnte ab. Doch seine wertvollen Worte und die Erfahrung, die darauf folgte, brachten mir eine wichtige Erkenntnis: Alleine kann man durchaus sehr stark sein, gemeinsam jedoch kann man unschlagbar werden.»
Wir bedanken uns herzlich bei Herrn Mastrodomenico für sein Mitwirken an diesem Beitrag.
Dieses Interview wurde telefonisch geführt.
Batterman Consulting Basel AG
Executive Search,
Byfangweg 1a, CH-4051 Basel
T +41 58 680 55 55
basel@batterman.ch
